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„Sich Dinge zu kaufen, die man nicht benötigt, mit Geld, das einem nicht gehört, um damit Menschen zu beeindrucken, die man gar nicht mag“

Kaum hatte ich meinen Toyota Corolla parkiert und die Einkaufstaschen aus dem Kofferraum geholt, als ein chicer, wohl brandneuer, schwarzer Audi RS 5 Coupé auf den freien Parkplatz neben mir fuhr. Gespannt schauten meine Tochter und ich, wer wohl aus dem Auto steigen würde. Ein sehr junges, gut aussehendes Pärchen erhob sich von den Ledersitzen. Ich schätzte sie so um die 20. Der junge Mann schaute flüchtig auf unser Auto, warf uns dann einen kurzen Blick zu und lief wie ein stolzer Gockel Richtung Einkaufswagen. Kaum war er einige Schritte gegangen, machte er Anstalten, sich umzudrehen, wahrscheinlich um sich zu vergewissern, ob wir ihm nachschauten. Diesen Gefallen taten wir ihm natürlich nicht und wandten unsere Blicke sofort ab. In der Zwischenzeit hatte auch die junge Dame ihr Louis-Vuitton-Täschchen unter den Arm geklemmt und stöckelte ihrem Freund hinterher, nicht ohne uns vorher noch einen herablassenden Blick zukommen zu lassen.

Meine Tochter und ich schauten uns schmunzelnd an und schüttelten die Köpfe. „Der gehört bestimmt seinem Vater! Wie könnte er sich sonst solch ein Auto leisten?“ fragte Nathalie. Ich guckte auf die Nummernschilder und kommentierte: „Anhand der hohen Nummer wurde das Auto erst kürzlich immatrikuliert. Wenn es seinem Vater gehört, ist dieser aber erst neulich in den Kanton Bern gezogen. Ich denke aber eher, dass es geleast ist, ausser der junge Mann heisst Mark Zuckerberg! Dieser Audi kostet mindestens CHF 80’000. Weißt Du, Nathalie, warum er dieses Auto fährt?“ fragte ich. „Natürlich!“ antwortete sie, „um anzugeben!“ „Genau!“ bestätigte ich. Und urplötzlich erinnerte ich mich an eine Definition für Status, welche ich vor einigen Jahren in einem Buch gelesen hatte:

„sich Dinge zu kaufen, die man nicht benötigt, mit Geld, das einem nicht gehört, um damit Menschen zu beeindrucken, die man gar nicht mag.“

Wie treffend diese Definition doch das eben Vorgefallene umschrieb! Den Preis des Audis musste ich natürlich später nachprüfen. Und siehe da, auf der offiziellen Audi-Webseite kostete dieser stolze CHF 106’500. Wie viel verdient wohl der junge Mann? Je nach Beruf zwischen CHF 3’000 und CHF 5’000 pro Monat. Wenn er ihn least, beträgt die monatliche Rate ohne Zinsen zwischen CHF 1’340 und CHF 2’000, falls er CHF 10’000 angezahlt hat und der Vertrag, wie üblich, auf 6 bzw. 4 Jahre abgeschlossen wurde. Da bleibt nicht mehr viel für anderes übrig. Auch wenn dieses Auto nur die Hälfte kosten würde, betrügen die monatlichen Aufwendungen immer noch zwischen CHF 670 und CHF 1’000. Dazu kommt noch die teure Vollkaskoversicherung, Verkehrssteuern etc. Meistens bleibt es nicht nur beim Auto auf Pump. Schliesslich muss man ja auch chic wohnen und Ferien im Ausland gehören ebenfalls zum guten Ton. Man muss zeigen, was man hat! Wenigstens nach aussen! Nach innen schaut’s dann weniger brillant aus. Die Kredite und Zinsen häufen sich. Die Belastungen daraus steigen enorm und drohen uns zu ersticken. Unversehens stecken wir in der Schuldenfalle.

Aber das ist doch egal! Hauptsache wir können mit unserem Nachbar mithalten! Warum denn eigentlich nur? Haben Sie sich das schon ‚mal gefragt? Ich denke, um unseren Status zu wahren! Status? Weshalb ist denn dieser so wichtig? Nun, um dies zu beantworten, müssen wir zuerst herausfinden, was Status eigentlich ist. Wikipedia sagt folgendes dazu:

Sozialer Status ist die Stellung einer Person oder einer Gruppe innerhalb der Gesellschaft. Der Status drückt den Rangplatz, das Prestige, die soziale Wertschätzung, die Autorität und Macht aus, die eine Person in der Gesellschaft inne hat.

Deshalb kaufen wir all diese „Bling-Bling“-Sachen. Denn dies ist der vermeintlich einfachste Weg, unserem Nachbarn zu zeigen, dass man es geschafft hat oder eben dazugehört und sich somit seinen Respekt verdient, auch wenn uns der liebe Nachbar nicht zu unserem neuen BMW gratuliert!

Weil Anerkennung unsere „DNS“ ist, tun wir die verrücktesten Dinge. Es heisst nicht um sonst: „Babies cry for it, men die for it.” Und wenn wir die benötigte Portion Beachtung nicht auf eine positive Art erhalten, dann versuchen wir eben, meistens unbewusst, uns diese negativ zu holen. Ist Ihnen auch schon aufgefallen, was Kleinkinder alles anstellen, um unsere Aufmerksamkeit zu erlangen? Wir sind am Telefon und gerade dann müssen sie unbedingt „Pipi machen“, sind mit dem Finger in irgend einem Plastikspielzeug steckengeblieben oder noch besser, haben die glorreiche Idee, eine Zimmerpflanze in die WC-Schüssel umzutopfen! Urplötzlich werden sie zu richtig kleinenTeufelchen. Der Grund dafür ist, dass jedes Kind seinen festen Platz in der Familie hat. Kommt jetzt Besuch oder eben ein Anruf, muss es seinen normalen Anteil der Anerkennung oder Beachtung plötzlich mit einer oder mehreren Personen teilen. Dies veranlasst nun das Kind, seinen Platz zu verteidigen. Auch wenn es dafür etwas machen muss, was die Eltern nicht schätzen. Dafür nimmt es sogar Schelte oder Bestrafung in Kauf.

Und wenn für uns Erwachsene die Wertschätzung am Arbeitsplatz oder in der Familie gering ist oder gar ausbleibt, haben wir eben die Tendenz, die nötige Beachtung von der Gesellschaft zu fordern. Damit uns diese überhaupt wahrnimmt, müssen wir auffallen; mit chicen Autos, tollen Ferien, Designerklamotten, sexy Schuhen, extravaganten Taschen etc. Darum sitzen die Leute gerne in den Strassencafés! Um zu sehen und vor allem gesehen zu werden! Dabei spielt sicher auch die dauernd auf uns niederprasselnde Werbung eine wichtige Rolle. Im Stile von „Kaufe unser Produkt, dann bist Du jemand!“ lassen wir unser Unterbewusstsein ständig berieseln und tätigen viele unnötige, sogenannte Impulskäufe.

Man könnte hier noch stundenlang über die darin enthaltene Psychologie referieren. Auch darüber, wie viel wir einkaufen, weil es uns emotional nicht gut geht und wir den Eindruck haben, die fehlende Liebe oder den Respekt, das mangelnde Selbstvertrauen oder die innere Leere durch Impulskäufe kompensieren zu können. Ich bin jedoch überzeugt, wenn wir uns wirklich vor Augen führen, dass wir die Leere in uns nicht mit Dingen füllen können, es einfach ist, eine wichtige Entscheidung zu treffen, nämlich das so geliebte Prestige über Bord zu werfen.

Das habe ich irgendwann gemacht. Ich habe mich bewusst entschieden, beim „Mit-Dem-Nachbarn-Mithalten“ nicht mehr mitzumachen. Da kam der Autounfall eigentlich gerade gelegen. Eine Autolenkerin hatte nicht bemerkt, dass wir vor einem Fussgängerstreifen angehalten hatten und knallte ungebremst in unseren Mercedes. Dieser erlitt Totalschaden. Von der Versicherung gab’s für den sechsjährigen Wagen nur noch CHF 12’000. Das Geld hätten wir nun zur Anzahlung eines neuen Mercedes verwenden können. Aber wir entschieden uns anders. Mit CHF 10’000 kauften wir einen gebrauchten Toyota Corolla und mit dem restlichen Geld einige Kilo Silber. Aber das Beste war, dass wir die monatlichen Leasingkosten von CHF 1’249 nicht mehr leisten mussten und somit viel mehr Geld zur Verfügung hatten.

Wir entschlossen uns, dieses Geld zu nutzen, um einen Kleinkredit von CHF 20’000 abzuzahlen, der uns 11 % Zinsen jährlich kostete. Nach 16 Monaten war es bereits soweit. Somit wurden plötzlich weitere CHF 183 pro Monat frei, total waren es nun CHF 1’432. Das war ein tolles Gefühl, denn das Geld diente erstmals uns und nicht wir ihm! Motiviert von diesen Ergebnissen, entschieden wir, auch die restlichen Schulden zurückzuzahlen. Es waren CHF 50’000 zu 5 %, welche wir Verwandten schuldeten und eigentlich ein Teil unseres Erbes war. Wir wollten aber nicht auf eine eventuelle Erbschaft angewiesen sein, um schuldenfrei zu werden. Nach knapp 41 Monaten hatten wir dieses Ziel erreicht. Jetzt waren wir plötzlich auf der Überholspur! Es wurden wieder CHF 208 pro Monat frei, d.h. jetzt waren wir bei CHF 1’640 angelangt.

Um zu sehen, wo unser Geld eigentlich hinfloss und ob wir noch mehr rausholen konnten, entschieden wir, einen Budgetplan zu erstellen. Ich gebe zu, das will niemand. Das brauchen sowieso nur Leute, die mit Geld nicht umgehen können. Aber da könnten wir uns täuschen! Auch wenn wir keine Schulden haben, lohnt es sich, einen Blick darauf zu werfen. Das Sparpotential ist enorm!

So notierten wir jede Ausgabe im Budgetplan. Er öffnete uns komplett die Augen. Wir begannen, alles Unnötige zu streichen. Nun hatten wir das auf uns zugeschnittene Budget. Das Beste daran war, dass wir am Ende mehr Geld zur Verfügung hatten als wir benötigten.

Das ist der springende Punkt. Wir erhöhten nun das Budget nicht mit Dingen, die wir sofort kaufen wollten, sondern legten die Hälfte des überschüssigen Geldes auf ein Konto „Rückstellungen“ für Unvorhergesehenes und die andere Hälfte investierten wir. Es ist wichtig, diesen Überschuss sofort nach Erhalt des Lohnes zu überweisen; am besten per Dauerauftrag. Wenn wir bis Ende Monat zuwarten, wird das Geld weg sein!

So häuften sich unsere Investitionen und Rückstellungen stetig. Auch hatten wir nicht das Gefühl, wirklich auf irgend etwas verzichten zu müssen. Um Impulskäufe zu vermeiden, stellten wir uns immer wieder die Frage „Brauchen wir das jetzt wirklich? Ist es im Budget vorgesehen?“ Es war auch eine richtige Wohltat, nicht immer dem Geld für die Steuern nachrennen zu müssen. Denn dank unseres Budgetplans hatten wir das Geld dafür ja zurückgelegt. Wenn die Steuerrechnungen ins Haus flatterten, konnten wir diese ohne Probleme und negative Gefühle begleichen. Auch für das nächste Auto ist vorgesorgt. Wir brauchen kein Leasing! Und sogar Ferien im Ausland liegen drin, ohne auf die mit hohen Zinsen belegten Kreditkarten zurückgreifen zu müssen. Es lebe der Budgetplan!

Machen Sie doch selbst mal die Rechnung: Wenn Sie im Moment nichts auf der Seite haben, aber nun jeden Monat CHF 400 während 15 Jahren sparen und das zu 5 % anlegen (das ist absolut möglich und realistisch), haben Sie am Ende dieser Zeit CHF 108‘756. Das ist das Eigenkapital für eine Wohnung! Wenn Sie heute 20 sind und das 45 Jahre durchziehen, werden Sie mit 65 CHF 804‘888 gespart haben. Damit wird Ihre Wohnung oder Ihr Haus kreditfrei! Dann gibt’s hoffentlich auch noch AHV und Pensionskasse! Und wenn nicht, ist es auch egal. Sie haben ja vorgesorgt! Ich weiss nicht, was Ihr Traum ist. Rechnen Sie doch einfach aus, was es dazu braucht (die App „icompound“ hilft Ihnen dabei) und fangen Sie an zu sparen. Sie werden überrascht sein!

Jeder Mensch braucht ein gewisses Mass an Anerkennung. Aber wie viel ist genug? Und wie viel ist übertrieben? Haben Sie sich schon ’mal gefragt, was Ihnen die Anerkennung anderer bringt? Ist sie es wert, sich in Schulden zu stürzen? Warum tun wir dann so viel, um Fremde zu beeindrucken? Zahlen diese etwa unsere Rechnungen? Oder gar die Ausbildung unserer Kinder? Warum geben wir dann so viel auf deren Meinung?

Nützen wir doch unsere Energie und Ressourcen, um unseren Wohlstand aufzubauen, um so zu leben, wie wir es schon immer wollten. Dann kommt am Ende die Anerkennung von alleine. Denn wenn Sie durch Disziplin über Jahre Wohlstand aufgebaut haben, werden Sie von innen strahlen! Und Ihre Freude wird niemandem entgehen, weil sie jetzt Dinge kaufen, die Sie benötigen, mit Geld, das Ihnen gehört, um damit Menschen zu beglücken, die Sie mögen!